Mittwoch, 22. Dezember 2010

Die OP

Am 22.11. war es dann soweit.
Ich musste mich morgens um 7:00 Uhr auf der Station einfinden. Ein Schwester mit leichten Haaren auf den Zähnen und einem Auftreten, dass uns sagte, hier wird gemacht was ich sage, zeigte mir mein Zimmer.
Auf meinem Bett lag schon mein Krankenhausnachthemd, Thrombosestrümpfe, ein entzückendes Häubchen in grün und ein Rasierer. Der war dafür gedacht sich noch die Achseln zu rasieren, wenn man es nicht sowieso immer macht.
Als erstes musste ich mich aber um 8:00 Uhr in der Radiologie melden. Dort wird vor der OP der sogenannte Wächterknoten sichtbar gemacht. Dazu wurde mir eine kleine, wirklich sehr feine Spritze mit einer radioaktiven Lösung in die Brustgespritzt. Verkrampft wartete ich auf den Schmerz, der aber Gott sei dank ausblieb. Danach musste ich ca 10 Minuten die Brust massieren, damit sich die Lösung in den Lymphbahnen verteilt. Anschließend liegt man ca eine halbe Stunde auf einer Liege und mit einer art Röntgengerät wird dann der Wächterknoten lokalisiert und mit einem Stifft auf der Brust eingegrenzt, so dass der Operateur ihn dann auch gleich findet.
Als ich wieder auf der Station war musste ich dann auch gleich in mein Krankenhausdress schlüpfen und auf meinen Abholer warten, der mich dann in den OP bringen sollte.
Gegen 11:30 Uhr war es endlich so weit. Eine Schwester stürmte herein, drückte mir zwei kleine Becher in die Hand mit dem Befehl, den Inhalt sofort zu schlucken, da ich schon erwartet werde.
Eine Schmerztablette und ein Beruhigungssaft.
Sie schob mich dann in meinem Bett einmal durch das halbe Krankenhaus bis wir endlich den OP erreichten. Mein Mann hechtete ihr noch hinterher und winkte mir zum Abschied zu.
Im Vorraum angekommen musste ich mein Krankenhausbett gegen einen fahrbaren OP Tisch eintauschen. Von dort wurde ich durch endloslange Flure geschoben bis ich endlich im OP 19 angekommen war. Eine vermumte Schwester erwartete mich bereits.
Sie kabelte mich mich erst mal an ein EKG an, hat Blutdruck gemessen und zu guter Letzt noch versucht mir einen Zugang zu legen. Leider sehen meine Venen nicht sonderlich gut aus. Und nach dem zweiten Versuch sie am Handrücken zu legen entschied sie sich für die Armbeuge.
Als sie mich dann noch fragte, welche Seite denn operiert wird, brach leichte Panik in mir aus. Sollten die das nicht eigentlich wissen???? "Na hier oben rechts. Wollen Sie fühlen? Rechts bitte. Können Sie sich das merken bis ich dran bin? Nicht vergessen! Hier oben rechts." Irgendwann hatte sie es dann und meinte."Ich habe es jetzt verstanden!"
Plötzlich tauchte eine weitere vermumte Schwester auf und sagte, dass es jetzt losginge. Die erste, die hoffentlich nicht vergessen hatte, welche Seite zu operieren ist, spritze mir dann die Narkose.
Es fing überall im Körper an zu kribbeln und bevor ich sie noch mal an die richtige Seite erinnern konnte, war ich auch schon weg.
Ich wurde irgendwann mit den Worten geweckt. "Ihr Wächterknoten ist in Ordnung".
Das ist sehr wichtig. Während der OP wird dieser zuerst entnommen und der Pathologe bekommt ihn zur Ansicht. Während der eigentliche Tumor entfernt wird, macht der Pathologe einen Schnelltest und ist er nicht befallen, bleiben die Lymphknoten drin. Ist er befallen, werden sie entfernt.
Bei mir war er in Ordnung. Ich war sofort hellwach und vorallem hungrig, da meine letzte Mahlzeit mehr als 24 Stunden zurücklag.
Mein erster Blick ging allerdings auf meinen Oberkörper. Ich musste nachsehen, ob sie nun auch wirklich die richtige Seite operiert hatten. Dem Himmel sei dank war es die richtige.
Nach dem ich die Schwestern der Wachstation mehrfach um etwas zu Essen gebeten habe, haben sie schnell entschieden mich zur Station zurückbringen zu lassen.
Dort angekommen, wartete schon mein Mann auf mich.
Nach nochmals 2 Stunden bekam ich dann endlich Abendbrot. 2 Stullen. Man! Ich wusste gar nicht, wie lecker 2 Stullen sein können ;-)

Nach dem Urlaub

Am 15. November hatte ich dann morgens um 7:30 Uhr einen Termin im Krankenhaus.
Mein Mann hat mich begleitet. Wir sind davon ausgegangen, dass man uns sagen wird, wie es nun weitergeht, wann die OP ist, wie die Chemo aussehen wird usw. Und das wir nach spätestens einer Stunde wieder gehen können.
Wie sagt man so schön?! Es kommt immer anders als man denkt. ;-)
Wir kamen also morgens pünktlich an und nachdem meine Krankenkarte eingelesen wurde und die ersten Formalitäten geklärt waren, empfing uns Schwester Martina. Sie ist Brustkrankenschwester in dem Krankenhaus.
Sie war eigentlich sehr nett. Aber im nachhinein gesehen, bin ich mit ihr nicht warm geworden.
Sie fragte mich, ob ich denn wisse, warum ich hier bin. Was ist denn das für eine Frage?! Natürlich weis ich das. "Na dann können wir ja ganz offen reden".
Sie fing an mir zu erzählen, das ich einen schnellwachsenden Tumor habe und schmückte mir in den schönsten Farben aus, wie weit er schon gewachsen sein könne und wo er in meinem Körper schon überall Metastasen hinterlassen haben könnte. Wie gesagt könnte! Es könne auch so sein, dass zuerst eine Chemo gemacht wird, da ich ja die besagte schnellwachsende Variante habe und das erst später die OP kommt. Aber genaueres würde mir dann der Oberarzt sagen, da er ja besser bescheid wüsste.
Na toll! Gruselkabinett ist gar nichts dagegen. Ich wurde immer stiller und kleiner auf meinem Stuhl und zwischenzeitlich staunte ich, dass ich sogar noch lebend vor ihr sitze, denn ihren Ausführungen nach zu urteilen ist das schon ne Sensation.
Sie nahm mir dann nach einer gefühlten Ewigkeit Blut ab und fragte mich noch über Krankheiten, anderen Operation usw aus. Ich konnte ihr mitteilen, dass ich bisher nie etwas hatte und immer gesund war. Worauf sie lächelnd antwortete: "Na dann machen wir Sie jetzt erst mal krank."
Na das nenne ich doch mal jemanden positiv aufbauen. So motiviert man Menschen. Motivationstrainer kann sie wohl nicht werden.
Ferner drückte sie uns einen Zettel in die Hand mit Stationen, die wir heute noch zu durchlaufen hätten. Dazu gehörte das Röntgen der Lunge (um schon mal Metastasen in der Lunge auszuschließen), Herzecho, EKG und das Narkosegespräch.
Aber zuerst erfolgte das Gespräch mit dem Oberarzt.
Er sagte uns, dass zu erst operiert wird und zwar am 22.11., da der Tumor eine Größe von 1,8 cm habe und damit noch zu den kleinen zählt. Puh! Die erste Erleichterung. Die Chemo wird dann danach erfolgen. Wie lange sie genau dauert könne er aber noch nicht sagen, da es auch davon abhängt, ob Lymphknoten betroffen sind, wenn ja wieviele und wie genau der Tumor sich zusammen setzt.
Ich habe mich auch dazu entschieden, mir während der OP einen Port für die Chemo setzten zu lassen. Dann muss das später nicht ambulant gemacht werden.
Ein Port ist wie ein kleines ca 1,5 cm großes Töpfchen, der am Schlüsselbein unter die Haut gepflanzt wird. Es ist dort ein kleiner Schlauch dran, der in die Hauptvene des Herzens gesetzt wird. Bei der Chemo braucht man dann keinen Zugang mehr zubekommen, denn es wird immer wieder der Port benutzt.
Nach knappen 8 Stunden hatten wir dann endlich alles erledigt. Wir waren mitlerweile auch fertig mit den Nerven und die Ansprache von Schwester Martina rumorte noch Tage in meinem Kopf.
Es mag Menschen geben, die an die ganze Sache vollkommen gelassen heran gehen, aber Menschen wie ich, können sich da wunderbar reinsteigern.
Am Abend telefonierte ich dann mit meiner Tante die immer noch im sonnigen Süden sitzt und die erzählte mir, dass das Routineuntersuchungen sind. Na toll! Das hatte Schwester Martina vergessen mir zu erzählen.
Also bin ich doch noch am Leben. Freu! Ein Lichtblick!

Dienstag, 21. Dezember 2010

Die ersten Tage

Hallo,

mein Name ist Alexandra. Ich bin 41 Jahre alt, verheiratet und Mutter von 4 Kindern.
Ende Oktober habe ich in meiner Brust einen Knoten festgestellt. Da in meiner Familie alle Frauen an Brustkrebs erkrankt sind, wusste ich sofort, dass es nun auch mich getroffen hat. Ich habe immer damit gerechnet. Allerdings nicht so früh.
Mein erster Weg führte mich am  Tag nach meiner Entdeckung zu meiner Gynäkologin. Sie war wirklich nett und da sie ebenfalls meine Familiärevorgeschichte kannte, hatte sie auch gleich die selbe Vermutung wie ich. Ein Ultraschall von der Brust bestätigte den Verdacht noch mehr. Sie gab mir eine Überweisung zur Mammographie mit und erzählte mir, dass in der Praxis in der sie gemacht wird, bei Bedarf auch gleich eine Biopsie des Knoten gemacht werden kann.
Ein paar Tage später (um genau zu sagen an unserem 21. Hochzeitstag) sind mein Mann und ich dann in die besagte Praxis gefahren. Wir haben dort wie auf Kohlen gesessen. Es gehen einem viele Gedanken durch den Kopf. Das Schlimmste ist eigentlich, dass man sich immer fragt, wie groß wird der Tumor wohl sein, ist man noch rechtzeitig gekommen, was ist mit den Kindern...... .
Nachdem sie von meiner Brust von allen Seiten anschauliche Bilder gemacht haben, wurde ich von der Ärztin aufgerufen. Sie war ebenfalls sehr nett und hat sich viel Zeit genommen.
Sie sagte auch gleich ohne umschweife, dass auf der rechten Brust ein Knoten zu sehen ist, von dem man auf jedenfall eine Biopsie machen muss. Sie erklärte mir auch, dass es verschiedene Arten von Brusttumoren gibt. Sie nennen sich G1, G2 und G3. 1 steht für langsam wachsend (den bekommen meistens Frauen ab 60, 2 für mittel schnell wachsend und G3 für schnell wachsend (den bekommen meist Frauen unter 50) Wie ich.
Die Biopsie ging schnell und absolut schmerzlos. Ich bekam eine kleine örtliche Betäubung und dann wurden 3 kleine Proben herausgestanzt.
Mein nächstes Problem war, dass ich eigentlich 2 Tage später mit meiner großen Tochter für eine Woche nach Teneriffa fahren wollte. Die Ärztin sagte mir, dass dem nichts im Wege stehen würde. In einer Woche würde eh nichts passieren, da sie auf das Ergebnis des Pathologen warten müssen. Ein Schnelltest könnte aber gleich sagen, ob der Knoten bösartig oder gutartig ist. Sie hätte das Ergebnis wahrscheinlich am nächsten Tag und fragte mich, ob ich es denn vor dem Urlaub noch wissen möchte.
Natürlich wollte ich die Bestätigung meiner Vermutung hören. Es wird ja schliesslich nicht besser, wenn man die ganze Woche über grübelt. So kann man der Tatsache wenigstens ins Auge sehen.
Der Anruf kam nächsten Abend und ich fragte gleich: "Und? Ist es ein G 3?" Natürlich war es so. Nun gut. Jetzt hatte ich es immerhin schriftlich. Sie hat mir gleich für den Montag nach dem Urlaub einen Termin im Krankenhaus gemacht, dass ich mir von ihr habe empfehlen lassen.
Das Positive war, dass meine Tante ebenfalls auf Teneriffa war. Sie hatte im letzten Jahr zum 2 ten mal Brustkrebs bekommen (zweimal einen G3, obwohl sie beide male über 50 war). Ich konnte mich nun also wunderbar mit ihr unterhalten und ihr Löcher in den Bauch fragen. Sie hat mich über alles was so auf mich zukommt aufgeklärt und das hat mir wirklich sehr geholfen.
Meine Freundin habe ich noch am Abend vor meinem Abflug angerufen und ihr das erzählt. Sie kam noch spät Abends vorbeigedüst und hat mir für den Urlaub noch ein Buch mit gebracht: Krebszellen mögen keine Himbeeren.
Ein interessantes Buch und sehr empfehlenswert.
Den nächsten Tag sind wir dann voller Freude in den warmen Süden geflogen. Kraft tanken für die kommende Zeit.